Albignatal : Ästhetische Erfahrung in schwindelerregenden Höhen
Ausschliesslich wer wandert und sich synästhetisch öffnet, kann die ortspezifisch entwickelten Kunstinterventionen von 13 Schweizer Kunstschaffenden über 1300 Höhenmeter rund um die Albigna-Staumauer im Bergell erleben. Die vielseitigen Projekte beschäftigen sich mit der hochalpinen Natur und mit der Geschichte des Tals.
Wenn die Kunst aus den weissen Wänden der ihr geweihten Tempel ausbricht und es wagt dorthin vorzudringen, wo die Natur uns durch ihre überwältigende Pracht erschaudern lässt, bleibt die Idee eines Gleichgewichts bestenfalls eine Wunschvorstellung: die Chancen des Kunstschönen gegen das naturschön Erhabene anzukommen stehen etwa wie jene Davids gegen Goliath. Dies ist vielleicht der Grund, warum sowohl das Kuratorenteam Luciano Fasciati und Céline Gaillard, wie die Kunstschaffenden vorerst eher zurückhaltend auf die Idee der Hüttenwartin der Capanna Albigna, Annamaria Crameri, reagiert haben, ein Kunstevent mit speziell für die hochalpine Kulisse entwickelten Arbeiten durchzuführen. Nichtsdestotrotz ist ein komplexes interdisziplinäres In-Situ-Projekt entstanden, das körperlich erwandert und ästhetisch erfahren werden will und kunstaffine Spaziergänger mit kletternden Alpinisten ins Gespräch bringt. Die Interventionen integrieren sich unterschiedlich in die gelblich-grünlich-gräuliche Steinlandschaft mit der markanten Zürcher EWZ-Staumauer und seinem türkisfarbenen Schmelzwassersee und befassen sich auf vielfältige Weise mit der Geschichte des Bergells. Reto Rigassi empfängt die Besucher/-innen in der Talstation der Seilbahn Albigna mit <Hexenträumen>, einem Tryptichon aus Absynth, Eiweiss und Glimmer in Erinnerung an die gefolterten und verbrannten Hexen im Tal. Judith Albert beschreibt in ihrer Neonarbeit