TAFAA (Toward A Fully Automated Appearance)

Die im luganeser Künstlerraum Sonnenstube zu sehenden „Sequenzen“ der französischen Künstlerin Chloé Delarue (*1986, lebt in Genf) lassen durch ihre Materialität Erinnerungen an Bilder aus Natur, Wissenschaft oder Gegenwartskunst aufscheinen.

Blutgefässsysteme oder Wabenmuster, hängende Häute oder Computerbestandteile schaffen ein organisch-technoid artikuliertes Rhizom, welches sich in scheinbar unvorhersehbaren Richtungen durch den Raum entwickelt. Die manchmal chaotischen, manchmal minimalen Gefüge wecken Assoziationen zu kulturellen „Chromosomen“: die wabenartigen Harzmodule von Eva Hesse, das energieisolierende Fett von Joseph Beuys, die organischen Objektanordnungen von Louise Bourgeois oder die ästhetisierenden Metallgeflechte von Tatjana Trouvé. Aber wie geht Delarue mit ihren Vor-Bildern um? Zitiert, kopiert, annektiert oder transformiert sie ihre kulturell-visuell-sensuellen Ausgangsmaterialien? Darauf angesprochen meint sie, sie vereinnahme die Strukturen und kreiere daraus ihr eigenes Universum, welches eine ambivalente Sensation von „dèjà-vu” auslöse. Vielleicht hilft der Titel weiter: ‹TAFAA – Toward a Fully Automated Appearance›. Sehen wir also eine „vollautomatische Erscheinung“ perfekter Kopien, wie die von der Künstlerin oft erwähnten Patienten des „Capgras-Syndroms“, welche hohle Klone an Stelle der „echten“ Menschen zu sehen wähnen?



11.3.-9.4.2017

Die Sonnenstube, Lugano


Published in
Kunstbulletin 3/2017

Chloé Delarue, Installation view, Rotwand Zürich, 2016 (Foto: Alexander Hana)
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Chloé Delarue, Installation view, Rotwand Zürich, 2016 (Foto: Alexander Hana)