Joseph Kosuth, Notations for Thinking
In der jungen luganeser Galerie „[dip] contemporary art“, welche ihren Schwerpunkt auf die Auseinandersetzung mit dem Inhalt und auf den direkten Kontakt mit den Künstler/-innen setzen möchte, ist derzeit die erste Tessiner Einzelausstellung des Konzeptkünstlers Joseph Kosuth zu sehen.
Unter dem bedeutsamen Titel ‹Notations for Thinking› versammelt der Amerikaner vier Neonarbeiten basierend auf Mind-Maps und Zitaten von Hesse, Freud, Darwin und Mondrian, welche die grundlegende Rolle der verbalen und der visuellen Aspekte des Notierens und Skizzierens für den Denkprozess unterstreichen. Die Entwicklung von Theorien setzt demnach sowohl das sprachliche, als auch das ästhetische Vorstellungsvermögen voraus. Die site-spezifische Neoninstallation am Eingang zitiert einen Satzteil aus „Das Glasperlenspiel“ des Wahltessiners Hermann Hesse. Sinngemäss paraphrasiert bedeutet der Satz: auch wenn das Spiel nach einer Lösung strebt, entsagt es ihr am Ende und ist demnach ein Klagelied auf die Fragwürdigkeit aller hohen Geistesspiele und auf die Vergänglichkeit von allem Schönen. Während die in Neon umgewandelten Konzeptentwürfe von Darwin und Freud nur in ihrer Grundstruktur entzifferbar sind, lesen sich die typografisch nicht ganz astrein in die neoplastizistische Form gequetschten Zitate von Mondrian einwandfrei: „Kunst ist weder dogmatisch noch dekorativ“. „Alles wird durch Beziehungen ausgedrückt“. „Wie ein Spiel muss die Kunst weitergehen“. Skizzenhaft, vergänglich, fragwürdig und ohne Lösung.