Piero Manzoni 1
«Ein Bild gilt nur als das, was es ist, absolutes Sein. Man braucht nichts zu sagen, nur zu sein.» Für Piero Manzoni (1933-1963) ist Kunst ontologische Grundlagenforschung, Suche eines wissenschaftlichen Fundaments und die Bildfläche ein absoluter Freiraum. Die Retrospektive, mit welcher die Stadt Mailand seinen Mitbürger zum 50. Todesjahr ehrt, rollt die Geschichte dieser ausserordentlichen Konzeptarbeit auf, von der Nuklearen Malerei über die weissen «Achrome-Objekte» zu den Linien, welche Raum und Zeit materialisieren.
Die letzten Arbeiten beleuchten auf oft selbstironische Weise Implikation und Mythos des Künstlers: Der ‹Fiato d’artista›, ein Ballon auf Holz, ‹Uovo scultura›, ein Ei mit Fingerabdruck des Künstlers, und die Konserve ‹Merda d’artista› für 700 Lire/Gr., analog zum Goldpreis. Mit ‹Base magica› und ‹Le socle du monde› entscheidet der Künstler, was auf den Sockel der Kunst gehievt wird: Menschen oder gleich die ganze Welt. Der Skira-Katalog hebt wenig beachtete Aspekte des jungverstorbenen Künstlers hervor: den philosophischen Hintergrund, das Reisen, das Networking und die Teilnahme an Galerie und Zeitschrift ‹Azimut›. Auf Manzonis Sockel erhebt sich die Kunst der Gegenwart: Das prophetische Werk verdient zweifellos mehr Aufmerksamkeit und ein vertieftes Studium.
Barbara Fässler