Jeff Wall

Wenn Jeff Wall über seine Arbeit spricht, wirkt er genauso scharf und überlegt wie seine Bilder. Selbst bezeichnet sich der Doktor in Kunstgeschichte als «Cinematograph» und er meint, wenn er sich einer Produktion annähere, lasse er das Bild vorerst im Kopf entstehen - aus der Erinnerung heraus. Tatsächlich baut der Kanadier seine Fotografien wie ein Filmregisseur auf: mit Schauspieler/innen, Grossbildkamera und Lichtanlage.

Er verwebt Wissen und Empfinden zu lebendigen, detailreichen Szenen eines scheinbaren Augenblicks und zeigt auf, was die Konstruktivisten modellhaft vorführten: Die Realität ist ein Konstrukt. In den Werken von 1982 bis heute lotet Wall die Möglichkeiten von Fotografie und ihrer Anlehnung an die Malerei aus. Neben den lebensgrossen Lightboxen hängen Silbergelatinedrucke, ein Fotoroman und ‹Diagonale Kompositionen›, welche die Geometrie im Alltag unter die Lupe nehmen. Am Ende der Schau ‹Actuality› im PAC, welche die Aktualität als geschaffene demaskiert und Baudelaires Urteil - Fotografie sei eine simple Kopie - definitiv widerspricht, lässt uns Wall im Regen stehen, wie ‹Young man wet with rain›. Denn das Rätsel um Wahrnehmung und Wirklichkeit hat sich weiter verstrickt.

Barbara Fässler



2013
Actuality PAC Milan


Published in
Kunstbulletin 6/2013

Jeff Wall, Young Man wet with Rain
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Jeff Wall, Young Man wet with Rain

Jeff Wall, Diagonal Composition
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Jeff Wall, Diagonal Composition