Riccardo Arena – Geranos Planomenon Dance – Monumento II
Im magischen Tempel des Klarismus, den der estnische Künstler Elisàr von Kupffer und sein Lebenspartner Eduard von Mayer 1927–39 in Minusio für ihre neu gegründete Religion erbaut hatten, verdichtet der italienische Künstler Riccardo Arena visuelle Archetypen zu einem erstaunlich vielseitigen und differenzierten Reigen von Zeichnungen, Skulpturen, Vitrinen und ortsspezifischen Installationen.
“Geranos Planomenon Dance – Monumento II” ist eine Weiterentwicklung seiner Residenzschau 2022 auf dem Monte Verità, ebenfalls von Noah Stolz kuratiert. Sie orientiert sich einerseits an der Bildersammlung der Eranos Foundation, welche im Aby-Warburg-Institute der London University aufbewahrt wird. Andererseits greift sie zurück auf Geranos, den primordialen Tanz des Theseus, nachdem dieser den Minotaurus im Labyrinth getötet hatte.
Die Betrachtenden werden im ersten runden Raum von einer Stone-Hench-artigen Komposition “Adrift on the Tortoise Carapace” empfangen: gefundene Steine angeordnet in konzentrischen Kreisen, sind durch eine kreisrunde Öffnung an der Decke sanft beleuchtet. Im ersten und zweiten Stockwerk hat Arena in pseudowissenschaftlichen Vitrinen Collagen aus bunten Papieren mit historischen Fotografien überlagert. Zeichnungen, die er aus feinsten Löchlein schuf, wechseln sich ab mit Skulpturen aus dünnen Holzstäbchen. Tanzwirbelfiguren gehen über in den Sog der Spiralen und die Wirrnis der Labyrinthe. Auf grossen Blättern verbindet er historische Fotografien und von künstlicher Intelligenz visualisierte dynamische Tanzrhythmen mit Zeichnungen, die durchdrungen sind von unleserlichen Wortschwallen. Den runden Raum dominiert das vogelähnliche Werk “Foundation Image” aus Holz, das an Skulpturen der amerikanischen Ureinwohner erinnert. Auf feinen Regalen lehnen kleine Fotografien archetypischer Formen der Eranos Foundation ‹Archives of the Lost Presence› an die Wände. Es sind Urbilder aus den entferntesten Kulturen, die sich erstaunlich ähneln.
Im Kuppelsaal, wo früher das homoerotische, klaristische Rundgemälde ‹Die Klarwelt der Seligen› von Kupffer hing, welches heute auf dem Monte Verità bewundert werden kann, breiten sich hunderte filigrane Scherenschnitte in unterschiedlichsten Formen und Farben aus. Riccardo Arena demonstriert seine Fähigkeit der Verdichtung und Weiterentwicklung von recherchierten Materialien, ohne dabei die gestalterische Freiheit und Differenziertheit einer wissenschaftlichen Strenge zu opfern.