Capolavori della fotografia moderna 1900-1940. La collezione Thomas Walther del Museum of Modern Art, New York
Privatsammlungen können ein Glücksvolltreffer sein für die Museen, vor allem wenn ihnen die Mittel ausgehen für eigene kunsthistorische Forschung: So zeigt das Masi Lugano das erste Mal in Europa die hochkarätige Thomas Walther Collection, aus welcher das Moma New York, 2001 die stolze Zahl von 341 und 2017 weitere 42 experimentelle Fotografien aus den ersten vierzig Jahren des 20. Jahrhunderts erstanden hat.
So meint Tobia Bezzola, der Direktor des Masi im Katalog, dass sich Privatsammlungen «Originalität, eine autonome Definition von Strenge und Kohärenz leisten könnten, während institutionelle Sammlungen eine verbleichte Kopie der konventionellen Matrix» seien. Ob sein Verdikt in dieser Allgemeinheit und auf die öffentliche Hand zutrifft ist diskussionswürdig, aber für die Walther Collection stimmt es zweifelsohne. Die Differenziertheit der Werke und deren hoher Grad an formaler Experimentierfreudigkeit, Reinheit und Spannung zeigt die fundamentale Avantgarderolle der Fotografie in der Zwischenkriegszeit auf, von Dada zu Bauhaus, vom Surrealismus zur neuen Sachlichkeit. Beim Betrachten der 200 auf grünen Wänden gehängten schwarz-weiss Fotografien fällt auf, dass ein relativ grosser Anteil, nämlich etwa ein Fünftel der Werke von Frauenhand geschaffen wurde. Gertrud Arndt verewigt 1929/30 die Maler am Meisterhaus des Bauhauses während ihrer Arbeit in einer schwindelerregenden Froschperspektive. Lucia Moholy rückt der Fotografin Florence Henri 1927 so nah ans Antlitz, dass sie dessen skulpturale und grafische Wirkung durch den Schwarz-Weisskontrast stark forciert. Aenne Biermann stellt ihren ‹Ficus elastica› 1926 in organisch-abstrakter Form dar. Zum Grossstadtthema äussern sich sowohl Lee Miller (1929-32), als auch Germaine Krull (1927-28) in ihren Bildern ‹ohne Titel›: Gegenlichtaufnahmen, in denen sich die Strukturen der Eisenarchitektur stark zeichnend vom hellen Himmel absetzen. Die beiden Mädchen, abgelichtet von Kate Steinitz 1930, welche im Rückenschwumm durch das Wasser gleiten, strotzen von Kraft und Sinnlichkeit, genauso wie die liegende ‹Aktstudie› 1932 von Cami Stone, welche die liegende Figur mit ihren wallend fallenden Haaren vom Kopf her ablichtet, so dass die verschwommenen Brüste wie Hügel einer entfernten Landschaft den Horizont markieren. Die herausragende Sammlung kann übrigens auch vom Sofa aus studiert werden: im gepflegten Katalog zur Ausstellung oder auf der Moma-Webseite ‹Object:Photo›, welche mit interaktiven Grafiken Aufschluss über Lebenszusammenhänge, Ausstellungen und Orte aller Fotograf*innen der Sammlung gibt.